3.1 Aktivitäten organisieren
Von Sarah Laustroer
Welche Maßnahmen
sollen gemeinsam
umgesetzt werden?
Der Begriff ‚Maßnahmen‘ kommt aus dem Sprachgebrauch von Projekt-Förderanträgen. Dahinter verbergen sich diejenigen Aktivitäten, die stattfinden sollen, um das vorher festgesetzte Ziel zu erreichen. Eine Maßnahme ist dabei als größere Einheit zu verstehen, in der mehrere Aktivitäten zusammengefasst werden können. Zu der Maßnahme „Begegnungsreise“ kann z. B. ein Vorbereitungsbesuch oder ein Nachbereitungstreffen gehören, weitere Aktivitäten, die zur Vorbereitung des Besuchs dienen (z. B. eine Video-Konferenz), sowie die Aktivitäten während der Besuchsreise.
Eine internationale Bildungspartnerschaft oder ein -projekt lebt von den Aktivitäten, die umgesetzt werden. Durch das gemeinsame Tun und Erleben wird der Kontakt intensiviert und die Verbindung gestärkt. Beide Seiten können sich zeigen und mitteilen und erfahren die Bereicherung des Austauschs. Bei der Auswahl der Aktivitätsform sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt.
Sarah Laustroer
pädagogische Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin beim Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen VNB e. V., Deutschland
Maßnahmen sind das Kernstück von Bildungspartnerschaften und -projekten bzw. das, was sie mit Leben füllt. Dabei sind verschiedene Varianten denkbar. Bildungspartnerschaften und -projekte sind keinesfalls alle gleich in Aufbau und Umsetzung. Betrachtet man alleine die Projektbeispiele in diesem Handbuch, wird bereits die Vielfalt an Möglichkeiten sichtbar. Um die Möglichkeiten überschaubarer zu machen, wurden die gängigsten Maßnahmen in diesem Kapitel in folgende Oberkategorien eingeteilt:
- Austausch über verschiedene Medien also über Briefe, Videobotschaften, Live-Chats oder Ähnliches,
- Begegnungsreisen, bei denen eine Gruppe die Partner*innen in ihrem Land besucht,
- gemeinsame Entwicklung eines Produkts, wie z. B. eines Buchs, eines Musikstücks, eines Films oder eines Theaterstücks, oder gemeinsame Umsetzung einer Maßnahme, z. B.
- der Bau einer Solaranlage oder die Anlage eines Schulgartens, politische Aktionen.
Spenden-Sammlungen wie z. B. Spendenläufe werden in diesem Kapitel nicht als Kategorie aufgeführt. Sie können ein zusätzliches Mittel sein, um finanzielle Mittel für die Umsetzung einer anderen Aktivität zu bekommen. Weitere Informationen dazu gibt es in Unterkapitel 3.5. Für sich genommen sind sie aber eigentlich keine Maßnahme einer Bildungspartnerschaft. In einer Bildungspartnerschaft geht es darum, dass gemeinsam gelernt wird und ein möglichst gleichberechtigter Austausch sowie eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe stattfinden, damit ein offenes Lernen auf beiden Seiten möglich ist. Geht es in einer Partnerschaft darum, dass in einem Land Geld gesammelt wird, um die Partner*innen im anderen Land finanziell zu unterstützen, kann eher von einer „Patenschaft“ statt von einer „Partnerschaft“ gesprochen werden. In diesem Fall gibt es eine klare Hierarchie und es gibt Gebende und Nehmende. Karitative Partnerschaften oder Patenschaften werden in diesem Handbuch nicht berücksichtigt.
Die Kategorien können nur erste Anhaltspunkte dafür bieten, was möglich ist – und sie sind nicht als starr zu verstehen, sondern können auch miteinander kombiniert werden. Für mehr Inspiration zur Ausgestaltung der eigenen Partnerschaft lohnt es sich, die Projektvorstellungen in diesem Handbuch zu lesen bzw. die Augen offen zu halten, was andere machen, und die eigene Fantasie zu nutzen.
Früher gab es Brieffreundschaften, heute haben sich die Möglichkeiten des Austauschs über große Distanzen hinweg dank digitaler Medien vervielfältigt. Die Idee ist in den Grundsätzen aber dieselbe. Nicht immer ist eine reale Begegnung nötig und machbar, z. B. weil die Teilnehmenden zu jung sind oder die Organisation einer Reise zu aufwändig und teuer wäre. Ein persönlicher Austausch kann trotz räumlicher Distanz auch auf anderen Wegen realisiert werden. Die Möglichkeiten reichen von niedrigschwellig bis anspruchsvoll und von einem einmaligen Kontakt bis zu einem langfristigen Austausch.
Brieffreundschaften sind nach wie vor eine Möglichkeit des Austauschs. Nur werden Briefe vermutlich in seltenen Fällen noch per Post, sondern zumeist eher als E-Mail verschickt. Der Vorteil ist, dass sie den*die Empfänger*in schneller erreichen als auf dem Postweg. Der Austausch kann auch ergänzt werden durch Fotos und Videobotschaften, die geteilt werden, oder – wenn die technischen Kenntnisse vorhanden sind – auch durch interaktive Präsentationen bzw. Führungen durch z. B. den Schulgarten in Form einer Augmented Reality¹-Tour. Dabei werden Texte, Grafiken und Videos über ein Foto gelegt, die es dem*der Nutzer*in erlauben, die verschiedenen Elemente zu erkunden und eine bessere Vorstellung von dem Bild zu bekommen. Dies sind eher Beispiele eines längerfristigen Austauschs. Er kann thematisch ungebunden stattfinden. Häufig erleichtert ein festgelegtes Thema aber die Kommunikation.
Es gibt auch die Möglichkeit, einen direkten Austausch in Form eines Live-Chats zu organisieren. Dabei treffen sich die Teilnehmenden zu einer vereinbarten Zeit online in einer Videokonferenz, z. B. via Skype, Zoom, Jitsi oder BigBlueButton. Das Gespräch sollte gut vorbereitet und moderiert werden, damit weder lange und unangenehme Pausen entstehen, in denen niemand weiß, was er*sie sagen oder fragen soll, noch ein unkoordiniertes Durcheinanderreden entsteht, dem niemand richtig folgen kann. Live-Chats sind sowohl zwischen zwei Gruppen möglich als auch in Form eines Interviews, bei dem eine Gruppe eine Person aus einem anderen Land interviewt. Sie können Teil eines längerfristigen Austauschs oder nur ein einmaliges Erlebnis sein. Zu bedenken ist bei der Organisation die mögliche Zeitverschiebung zwischen den Partnerländern.
Eine weitere Möglichkeit ist die Organisation von Online- Seminaren. Abwechselnd kann z. B. eine Kleingruppe ein Seminar vorbereiten und alle anderen nehmen daran teil.
1) Augmented Reality: Auf Deutsch wird auch der Begriff ‚erweiterte Realität‘ verwendet, wobei meist eine Erweiterung der visuellen Wahrnehmung gemeint ist.
Im Programm „Chat der Welten“ werden für deutsche Schulen oder Gruppen Live-Chats mit Menschen aus anderen Ländern organisiert. www.t1p.de/chat-der-welten
Der VNB als koordinierende Organisation des Learn2Change- Netzwerks kann bei der Vermittlung von internationalen Gesprächspartner* innen und der Organisation von Live-Chats unterstützen. www.t1p.de/L2C-Skype-Interviewsdeutsch
Begegnungsreisen sind eine beliebte und häufig durchgeführte Maßnahme, gerade bei langfristigen Partnerschaften. Sie sind eine gute Möglichkeit zu sehen, wie die Partner*innen leben, sich persönlich kennenzulernen und die Beziehung durch gemeinsame Erlebnisse zu stärken. Schön ist es, wenn die Begegnungsreisen als Austausch organisiert werden, sodass beide Seiten die Möglichkeit haben, zu ihren Partner*innen zu reisen. Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr eines Ungleichgewichts und einer einseitigen Wissens- oder Erfahrungsdominanz.
Begegnungsreisen bedürfen einer guten organisatorischen und pädagogischen Begleitung, sowohl während der Reise selbst als auch bei der Vor- und Nachbereitung. Die Vorbereitung besteht idealerweise aus einer Mischung aus organisatorischen Informationen, ggf. inhaltlicher Vorbereitung zum Thema der Reise/Begegnung, Stärkung der Gruppe und der Teilnehmenden sowie interkulturellem oder Globalem Lernen. Gerade wenn es für Teilnehmende die erste Reise in ein Land außerhalb des eigenen Kontinents ist, tauchen häufig viele Fragen und Unsicherheiten auf – sowohl bei ihnen selbst als auch bei ihren Eltern/Erziehungsberechtigten. Daher sollten sie gut über die Reise, benötigte Dokumente, Sicherheitshinweise, das Programm, die Verpflegung und Unterbringung informiert werden. Ebenso wichtig ist es, die Teilnehmenden auf Neues und Unvorhergesehenes vorzubereiten. Bei Reisen läuft oft nicht alles genau nach Plan und in einem anderen Land wird man häufig mit neuen Erfahrungen „konfrontiert“. Um damit gut umgehen zu können, sind z. B. Offenheit und Vertrauen (in sich selbst, in die Begleitperson sowie in die Gruppe) sehr hilfreich. Hinzu kommt, dass Stereotype und Vorurteile schon vor der Reise enttarnt und damit der Blick der Teilnehmenden für Neues geöffnet werden sollte. Ist dies nicht der Fall, kann es sein, dass die Teilnehmenden selektiv das wahrnehmen, was die Stereotype bestärkt und dazu beiträgt, dass sie gefestigt werden.
Während der Begegnungsreise sollten die Teilnehmenden wissen, an wen sie sich bei Fragen oder Schwierigkeiten wenden können. Außerdem ist es gut, Raum für Reflexionen zu lassen. Es kann für die Teilnehmenden hilfreich sein, wenn sie einmal am Tag in ihrer „Ländergruppe“ zusammenkommen und sich in ihrer Muttersprache darüber austauschen können, wie es ihnen geht, was sie verunsichert, ärgert, überrascht oder freut. Der kontinuierliche Austausch untereinander und die Reflexion des Erlebten erleichtern den Umgang mit Neuem und Ungewohntem und beugen vor, dass sich Teilnehmende aus Überforderung und Unsicherheit verschließen und zurückziehen oder revoltieren.
Im Anschluss an die Begegnungsreise sollte mit etwas zeitlichem Abstand eine Nachbereitung stattfinden. Neben der Sichtung oder Zusammenfassung inhaltlicher „Ergebnisse“ sollte noch einmal die Möglichkeit bestehen, das Erlebte zu reflektieren, persönliche Gedanken zu teilen und auf vorherige Stereotype zu gucken. Findet eine gute Vor- und Nachbereitung statt, birgt eine Begegnungsreise große Chancen für interkulturelles Lernen der Teilnehmenden.
Die Teilnahme an einer Begegnungsreise ist oft attraktiv, aber es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen. Wollen mehr Jugendliche/junge Erwachsene an der Begegnungsreise teilnehmen als Plätze zur Verfügung stehen, muss eine Auswahl getroffen werden. Dies ist oft nicht so einfach. Wichtig ist, dass die Auswahl transparent, diversitätsbewusst und möglichst gerecht ist. Sie sollte anhand festgelegter Kriterien geschehen und begründet werden können.
In ein fremdes Land zu reisen und neue Menschen zu treffen, ist eine oftmals einzigartige und überwältigende Erfahrung, zu der jede*r einmal die Chance bekommen sollte. Man lässt sich leicht von Kultur und Umgebung begeistern, doch das Besondere sind die Menschen. Ich habe vieles auf dieser Reise gelernt. Zum einen, dass wir Menschen im Grunde alle gleich sind, und zum anderen, dass man, wenn man zusammenhält, Unglaubliches erreichen kann. Wir müssen weiter an uns und der Welt arbeiten und dafür sorgen, dass es immer mehr Begegnungen und Austausch zwischen Menschen und Ländern gibt. Mein Weltbild hat sich nach vielen solchen Erfahrungen total geändert. Ich bin davon überzeugt, dass es eine Welt ohne Rassismus und Kriege geben kann.
Marie Finiefs
Schülerin des Tilman- Riemenschneider-Gymnasiums in Osterode am Harz, Deutschland
Meine Familie wollte, dass ich den gleichen Weg wie meine Schwestern einschlage, also früh den Mann heirate, den sie ausgesucht haben, um ihre Verpflichtungen zu verringern. Wochenlang befand ich mich in einem Dilemma: Sollte ich mich ihren Vorstellungen über meinen Lebensweg fügen oder eine viel mutigere Entscheidung treffen und mich auf meine eigenen Träume konzentrieren und diese verwirklichen? Und dann bekam ich die Chance, am Schulaustauschprogramm teilzunehmen. Als ich zurückkam, fühlte ich mich richtiggehend erleuchtet. Auch meine Lernfähigkeit hatte sich verbessert. Dazu hatte besonders meine Gastschwester beigetragen.
Dank des Programms konnte ich mich zeigen, es stärkte mein Selbstvertrauen und stärkte mich darin, mich gegenüber meiner Familie zu behaupten und mich für meine Rechte einzusetzen. Vor dem Programm traute ich mich noch nicht einmal, Wort zu ergreifen und zu sagen, was ich denke – selbst wenn ich recht hatte. Aber jetzt bin ich mutig genug, um meine Vorstellungen über meine Rechte und vor allem auch über Bildung mit anderen zu teilen. Ich bin jetzt in der Lage, Bildungsprogramme, Lernclubs und Motivationsprogramme zu organisieren, um Jugendlichen zu helfen.
Ich bin stolz darauf, unabhängig zu sein, und schlage gerade eine Karriere im Modedesign ein. Denn ich möchte nicht von einem Mann abhängen, sondern meinen eigenen Lebensunterhalt verdienen. Ich glaube fest daran, dass ich das schaffen werde. Denn jede lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Dafür bin ich zutiefst dankbar.
Gloria Germain Afari
ehemalige Schülerin der
St. Germain School,
Ghana
Es kann für alle Teilnehmenden motivierend sein, wenn gemeinsam mit den Partner*innen etwas entwickelt oder getan wird. Dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Inhaltliche Ergebnisse eines Projekts können z. B. in einer Zeitung oder auf einem Blog dargestellt werden. Es kann gemeinsam ein Buch verfasst oder eine Skulptur gebaut werden. Es können ein Theater- oder Musikstück oder auch ein Film gemeinsam produziert werden. Einige Dinge können im digitalen Austausch geplant und umgesetzt werden, für andere ist sicherlich eine physische Begegnung notwendig. Ein Theaterstück kann zwar auch virtuell entwickelt werden, es ist aber sicherlich interessanter, wenn auch gemeinsam geprobt und/oder das Stück gemeinsam aufgeführt werden kann.
Es ist auch möglich, dass die an der Partnerschaft beteiligten Gruppen jeweils ein eigenes Produkt erarbeiten. Wenn z. B. in den Partnerländern parallel ein Schulgarten entsteht, können die Teilnehmenden sich über den Prozess austauschen, Ideen teilen und berichten, was in ihrem Garten passiert. Es muss nicht immer gemeinsam an einer Sache gearbeitet werden – eine intensive Verbundenheit und großes Interesse können auch entstehen, wenn die Teilnehmenden wissen, dass in einem anderen Land eine Gruppe gerade an einem ähnlichen Projekt arbeitet.
Bei der Arbeit an einem gemeinsamen Produkt ist es wichtig, darauf zu achten, dass nicht immer dieselben Menschen in der Rolle des*der Anleitenden sind. Schöner und langfristig fruchtbarer ist es, wenn verschiedene Menschen aus verschiedenen Ländern sich mit ihren Kompetenzen einbringen und die Gruppen anleiten können. Dabei ist Offenheit gefragt. Vielleicht gibt es auf den verschiedenen Seiten Menschen, die z. B. Erfahrung in der Inszenierung eines Theaterstücks haben, deren Herangehensweisen aber sehr unterschiedlich sind. Das hilft zu erkennen, dass es nicht eine richtige Herangehensweise gibt, sondern verschiedene. Es gilt zu erforschen, ob diese in einem Projekt zusammengebracht werden können oder ob sie in verschiedenen Projekten zur Geltung kommen. Außerdem sollte sowohl die Aufgabenverteilung bei der Anleitung als auch die Verteilung der Aufgaben unter den Teilnehmenden nicht aufgrund von stereotypen Vorstellungen passieren. Manchmal treffen Stereotype zu, dann darf die Aufgabenverteilung auch so stattfinden, wenn alle sich damit wohl fühlen, manchmal treffen sie aber auch nicht zu oder es ist spannend, sie bewusst aufzubrechen.
Globale Kooperation bedeutet für uns Perspektivenwechsel. Jeder denkt eigentlich in seiner Box. Zumindest war es bei uns so, bevor wir aus unseren Komfortzonen in die Welt gereist sind und gemeinsam mit Jugendlichen aus anderen Ländern Projekte entwickelt haben. Durch die Erfahrungen mit zunächst fremden Ländern, neuen Kulturen und interessanten Menschen haben wir gelernt, global zu denken. Diese Erfahrung sollten mehr junge Menschen machen, um ein vielseitiges Denken und Handeln zu ermöglichen.
Katja Peper und Malte Frederichs
Peer-Leader-International e. V., Deutschland
Eine internationale Bildungspartnerschaft oder ein -projekt kann ein Experimentierraum für (gesellschafts)politisches Handeln sein. Die Teilnehmenden können befähigt werden, eigene politische Stellungen zu beziehen, sowie Aktionsformen kennenlernen und erproben, mit denen sie ihre Position verdeutlichen können. Eine niedrigschwellige Variante ist, dass politische Stellungnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit nach außen getragen werden, z. B. auf der Homepage, in der Zeitung und im Gespräch mit Außenstehenden. Auch ein gemeinsam mit den Partner*innen entwickeltes „Produkt“, wie ein Theater- oder Musikstück, kann eine politische Aussage haben. Das kann sich auch im Verlauf des Projekts entwickeln. Es kann aber auch von vornherein gezielt geplant werden, politische Aktionen zu entwickeln und diese mit allen Partner*innen durchzuführen – entweder im Rahmen von Begegnungsreisen oder auch einzeln in den jeweiligen Partnerländern. Dies könnten z. B. ein Flashmob, eine organisierte Demonstration, eine Unterschriftenaktion, (unsichtbares) Straßen-Theater oder Ähnliches sein.
Der Vorteil einer gemeinsam durchgeführten politischen Aktion ist, dass eine internationale Gruppe in der Regel viel Aufmerksamkeit bekommt. Durch die „internationale Präsenz“ können nicht nur die allgemeine Öffentlichkeit, sondern auch Politiker*innen leichter erreicht werden. Wichtig ist es aber, die internationalen Gäste nicht zu instrumentalisieren für eigene politische Aktionen, die keine gemeinsamen sind. Auch ist es in diesem Zusammenhang wesentlich, kontroverse politische Diskussionen zuzulassen und die Teilnehmenden nicht zu indoktrinieren.
Bei der Durchführung politischer Aktionen ist es außerdem unerlässlich, sich mit den rechtlichen Vorschriften für Protestformen und den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen, um Teilnehmende nicht in Gefahr zu bringen. Die gesetzlichen Bestimmungen zu öffentlichen Meinungsäußerungen und politischen Aktionen unterscheiden sich von Land zu Land. Deswegen sollte mit den Partner*innen beraten werden, was im jeweiligen Land rechtlich unbedenklich und gesellschaftlich ungefährlich durchgeführt werden kann. Bekommt ein*e Teilnehmer*in aus einem anderen Land Schwierigkeiten mit der Polizei und dem Gesetz und wird sein*ihr Verhalten als Straftat gewertet, kann das unter anderem bedeuten, dass er*sie in Zukunft Schwierigkeiten bei der Beantragung eines Visums bekommt.
Die Möglichkeit, Brücken zwischen Menschen und Institutionen in verschiedenen Regionen der Welt zu schlagen, um gemeinsame Ziele zu erreichen, die das Leben der Menschen und den Zustand der Umwelt verbessern, hat mich außerordentlich bereichert. Der politische Druck, der durch einen von Aktivist*innen aus aller Welt unterzeichneten Brief ausgeübt wird, oder die Absicht eines gemeinsamen Gebets können einen Unterschied bewirken: Sie helfen dabei, die Entwicklung der Menschheit in eine andere Richtung zu drehen.
Jorge Alejandro Huichalaf Díaz
Lehrer an der Koyam-Grundschule und Präsident der Mapuche Credit Union „Küme mogen“, Wallmapu (Gebiet der Mapuche in Chile und Argentinien)